Panama bis Marquesas – 37 Tage durch den Pazifik

Erste Woche im Pazifik

Am Samstag, den 4. März ist es dann endlich soweit. Wir meinen, dass wir alles erledigt haben, was wir vor der Abfahrt erledigen „müssen“. Am Morgen darf Reto noch ein letztes Mal hoch in den Mast, die neue Blitzschutzantenne wird nochmal extra abgesichert, wir möchten schliesslich nicht, dass sie uns auf den Kopf fällt…

Dann noch kurz den Müttern Bescheid geben und los geht es, Anker hoch und ab Richtung Südwest.

Der Pazifik empfängt uns freundlich. Deswegen hat ihm Magellan damals vor rund 500 Jahren ja wohl auch den Namen Pazifik gegeben… Am ersten Tag haben wir keinerlei Welle und das bei bis zu 25 Knoten Wind, wir rauschen also förmlich dahin und machen ein erstes Etmal (= die Wegstrecke von mittags um 12 bis am nächsten Tag um 12 Uhr) von 163 Meilen, ein guter Start.

In der Nacht segeln wir lange Zeit parallel zu dem Verkehrstrennungsgebiet im Süden von Panama City, ein grosser Dampfer nach dem anderen fahren in beiden Richtungen neben uns durch. Fast am Ende des Verkehrstrennungsgebietes kommt mir einer ziemlich nahe, ich rufe ihn beim Namen über Funk auf und er antwortet mir unmittelbar und sehr freundlich- „no problem lady, I will correct my course to increase our CPA (=closesed point of approach)“.

Noch keine 24 h unterwegs holen wir in kurzer Zeit 4 Fische heraus
Luftgetrockneter Thon – fast wie Bündnerfleisch 😉

Am nächsten Tag fangen wir morgens um 8 Uhr innerhalb einer Stunde 2 mal hintereinander 2 grosse Bonitos, also insgesamt 4 rechte Prackl Fisch. Also erst Mal ein paar Stunden in die Küche, dann 3 Tage lang Thon- Carpaccio und Thon in Soja und Sesam kurzgebraten. Für 2 weitere Mahlzeiten friere ich ein und der Rest wird testweise zum ersten Mal getrocknet, „hmmm – fast wie Bündnerfleisch“ stellt Reto fest.

Dann stellt am 2. Abend der Wind komplett ab und Reto meint nur ganz cool „dann gehen wir halt jetzt mal Schlafen, das AIS weckt uns dann schon, falls ein grosses Schiff in die Nähe kommt“. Morgens um 2 geht es mit leichtem Wind weiter, das bleibt dann so für ein paar Tage und die Etmale sind eher zurückhaltend: 70, 74, 94.. Gähn…

Mit dem Parasailor in den Sonnenuntergang

Wir nehmen es mit Fassung, dafür ist es gemütliches Segeln und wir finden viel Schlaf. Tagsüber fahren wir meistens mit dem Parasailor, dem grossen Spinnaker mit der „fliegenden Lippe“ vorne raus. Nachts ziehen wir den einfacher handzuhabenden „Screecher“ vor, eine 75 m2 Genua. Der Screecher ist schnell eingerollt, wenn eine Gewitterzelle, ein Squall zu nahe kommen sollte und braucht deutlich weniger Aufmerksamkeit und ist auch nicht so viel langsamer.

Wir sehen in den Wetterberichten, dass sich ein Tiefdruckgebiet östlich der Galapagos bildet, das uns im Norden davon schöne Winde Richtung West bringen sollte. Wir passen unseren Kurs täglich etwas an, um von diesen Winden so viel wie möglich abzubekommen und freuen uns als die Etmale wieder ansteigen auf 101, 106 und schliesslich wieder 128 Meilen pro Tag.

kurz nach seiner Landung auf She San, ganz nass und verstrubbelt ist er…
Unser Vogel während dem Putzmanövoer
…hier fertig geputzt schaut er sich zufrieden um

Nachdem gerade schon keine Fische mehr beissen, doch – einen grossen haben wir noch verloren, er hat einfach den Hacken vom Vorfach weggebissen – bekommen wir wenigstens regelmässig Besuch von den Vögeln.

Der erste kommt pitschnass an und setzt sich auf den Grossbaum. Erst trocknet und putzt er sich, dann wird natürlich unvermeidlich ein grosses Geschäftchen gemacht, dann etwas zu einem sauberen Ort nachgerückt, etwas geschlafen und weg ist er wieder.

Zwei Tage später kommen 2 Kollegen mit blauen Schnäbeln und

Der erste der Rotfusstölpel traut sich auf SHE SAN zu landen
…das Weibchen traut dem Frieden noch nicht so..
Landet aber dann doch auch…
Dann sind sie schon zu dritt
Kurz vor dem Abend sind es dann schon 7 vorne und noch weitere hinten am Schiff, dann wird es uns zu bunt…

roten Füssen und nach etwas Zögern des Weibchens sitzen sie zufrieden beide am Bug und es geht los mit Küssen, Putzen, Schlafen, ….
Wir freuen uns sehr über den Besuch und beobachten und fotografieren sie. Schon bald kommt auch noch ein dritter von der gleichen Art dazu, sie sitzen alle drei nebeneinander und verstehen sich prächtig.

Dann allerdings kommt ein schwarz weisser dazu und bringt Unruhe in den Vogelfrieden an Bord. Sie scheinen sich nicht so gut zu verstehen… Als dann kurze Zeit später insgesamt 8 Vögel auf der SHE SAN sitzen wird es uns zu viel – die Hinterlassenschaften auf dem Bimini von unserem Freund vor zwei Tagen immer noch präsent – wir verscheuchen sie vor allem vom hinteren Teil des Schiffs. Die ersten 4 Vögel kommen wieder und bleiben vorne am Bug bis am Morgen sitzen, gut dort ist das Putzen nicht ganz so aufwendig..

Unser erst vor 2.5 Jahren in der Türkei erstandenes Trampolin Netzli reisst ein, zum Glück haben wir das alte dabei und montieren dieses darüber zur Sicherheit.

Mitten im Nachmittagsgewitter beissen nochmal zwei grosse Bonitos, am nächsten Morgen nochmal ein mittlerer, wieder 3 Tage lang Fisch…

Ansonsten wir sind beschäftigt mit der Bordroutine:
neben Schlafen, Essen, Kochen und Putzen (ich) Funken (Reto) und Wetterbericht anschauen heisst es Kuchen backen aus Obst, das weg muss, die letzten Orangen auspressen, täglich die Eier drehen und nach faulen Eiern durchsuchen…

Zweite und dritte Woche im Pazifik

Sonnenaufgang in den Kalmen
Sonnenuntergangs Stimmung mit vielen Wolkentürmchen
Ein wunderschöner Squall neben uns 😉
Und wieder ein Squall
Ein Squall auf dem Radar, blöd, da gibt es kein Entkommen mehr…

Wir ziehen also weiter Richtung Westen, nur leider stellt sich der versprochene Wind nur eher selten ein. Die meiste Zeit dümpeln wir mit wenig Wind und flappenden Segeln, und nur dank dem Strom der uns mit bis zu 2 Knoten westwärts trägt machen wir Geschwindigkeiten von anfangs 5, bald aber eher 2.5 bis 4.5 Knoten.

Wenn der Wind ganz abstellt, kommt der Motor zum Zug, vorher nicht. Wir rechnen auch südlich des Äquators mit zünftigen Flauten, daher müssen wir die Motorenstunden noch einteilen. also heisst es Segel rauf, Segel wechseln, Segel wieder runter und Motor rein, so geht das in einer Tour.

Dazu kommen häufige Squalls, die uns vor allem nachts aber auch tagsüber ärgern. Na ja, teilweise bin ich sogar froh, dann hat es wenigstens in der Nähe der Squalls mal wieder etwas mehr Wind und wir kommen für eine kurze Zeit voran.

Unsere ersten Tümmler passieren uns eine ganze Stunde

An einem Abend kurz vor Sonnenuntergang passieren uns ein grosser Schwarm von dunklen, richtig grossen Delphinen. Es sind Tümmler, lernen wir später. Wir sind schwer beeindruckt und filmen und fotographieren was geht. Leider taucht aber diese Art nicht so regelmässig auf wie die, die wir aus dem Mittelmeer und dem Atlantik kennen, so ist es gar nicht so einfach, sie „zu erwischen“…

Endlich, nach 2 Wochen haben wir den Äquator erreicht 😉

Nach 15.5 Tagen ist es schliesslich soweit – wir überqueren den Äquator! Gerade zufällig bei Wachwechsel um 2 Uhr morgens ist es so weit, unser SHE SAN-li fährt zum ersten Mal auf die Südseite der Erde! Wir spendieren dem Meeresgott einen ordentlichen Schluck Schnapps und sparen uns unser Äquator – Bier für den nächsten Tag auf, wenn wir beide ausgeschlafen sind 😉

Dann ist es ganz flach, das sind wirklich die Doldrums

Am Morgen stellt der Wind ganz ab und wir motoren mehr wie 24 h über das flache Meer, das sind nun wirklich die Doldrums, das Gebiet ohne Wind.

Aber auch die nächsten Tage stellt sich der Wind natürlich nicht oder nur selten gemäss den Prognosen ein nach denen wir doch immer wieder versuchen unseren Kurs zu optimieren. So schön langsam sind wir beide schon recht genervt..

Aber es kommt noch schlimmer, die nächsten 2 Tage haben wir zusätzlich auch starkem Strom von der Seite, selbst mit Motor auf Marschdrehzahl machen wir nur 4 Knoten Fahrt, Reto sagt „das ist ja zäh wie Pudding“.

Dann, am Donnerstag, den 23.3. fängt morgens der Wind an, aber aus der anderen Richtung als vorhergesagt. Wir denken uns noch nichts dabei und geniessen den Segeltag. Irgendwann nachts holt uns natürlich das ganze dann ein, die Squalls pfeifen uns nur so um die Ohren und wir haben zu viel Segel draussen. Mit höchster Anspannung segeln wir durch die Squalls, die schon Böen bis 25 Knoten Wind bringen. Als es grad mal leichter ist, bergen wir das Grossegel, und fahren erleichtert mit dem Vorsegel weiter.

Am nächsten Morgen ist der Spuck vorbei, der Wind weg, bis er dann kurz vor 12 endlich aus der richtigen Richtung einsetzt – uff – wir scheinen das schlimmste geschafft zu haben.

In der Zwischenzeit tun uns beiden von den Segelwechselmanövern die Arme weh, ich hab mir trotz langärmligen T-Shirt am MIttag einen Erkältung eingefangen und wir sind beide hundemüde. Aber was für ein Glück es läuft endlich!!!

Wir ziehen noch leicht Richtung Süden bis zu 8.5 Grad Süd, und nehmen dann endlich direkt Kurs auf die Marquesas. Jetzt können wir förmlich zusehen, wie unser Ziel täglich näher kommt.

Vierte und fünfte Woche im Pazifik

Doch so einfach soll es dann doch nicht sein. Am Sonntag morgen erfahren wir aus der Windprognose für die nächsten 10 Tage von einer komischen zusätzlichen ITKZ, die in der nächsten Woche auf unseren Kurs bis 10 Grad Süd in den Süden kommt. „Ja so ein Schmarrn, jetzt müssen wir schon wieder ausweichen“ rufe ich verärgert aus. „Ja, sei froh, dass wir rechtzeitig davon erfahren, als direkt dort auch noch rein zu fahren“ versucht Reto mich zu beruhigen.

In der Folge fahren wir bis auf 11 Grad Süd, müssen uns aber trotzdem mit eher leichten Winden und geringen Etmals zufrieden geben. Ausserdem bleibt es eher bewölkt und die Squalls suchen uns regelmässig jede Nacht und so manchen Tag heim.

Unsere ersten Wahoos

Dafür fangen wir weiterhin regelmässig Fische. Nummer 8 und 9 sind zwei Wahoo, wir freuen uns über das weisse Fleisch nach all dem Thunfisch. Fische Nummern 10 und 11 sind wiederum ein kleiner und ein mittlerer Thon mit 3.3 kg, dann holen wir eine Woche lang keinen mehr an Bord.

Eines Morgens, ich stehe gerade in der Küche mit beiden Händen in der Brotteigschüssel, da höre ich Reto schreien „muascht cho go helfa- schneeeeelll!!“. ich also mit Brotteigfingern in die Schwimmweste und nach draussen, da sehe ich dass unser Screecher unten los ist und über Bord fliegt. Also schnell das Segel runternehmen und aus dem Meer ziehen und erst Mal mit ganzem Körper auf das flatternde Segel legen. Tropfnass wie es ist, packen wir es direkt in die Segellucke.

Schnell ist klar, was passiert ist: der Schnappschäckel von dem teuren Rollmechanismus ist ausgerissen und komplett verbogen. Einen Ersatz haben wir dank weisem Aufstocken in Panama City zum Glück wieder an Bord. Aber nun, wie sollen wir das Segel wieder hoch bringen? Reto lässt sich von Bobby Schenk‘ s Tips inspirieren und findet eine coole Lösung mit Hilfe einer Leine, die nach unten gespannt als provisorisches Vorstag wirkt. Ausserdem hilft das komplett ausgeräumte Grosselgel den Wind etwas wegzunehmen. So haben wir das Segel am gleichen Tag wieder oben und sind froh, dass nichts weiter passiert ist.

Eines Abends kurz nach Sonnenuntergang beisst ein grosser, ein sehr grosser sogar. Natürlich an der kleinen Angel… Nach einer Stunde Kampf ist er ca. 10 Meter hinter dem Schiff. Mit einer guten Lampe – es ist inzwischen finster – sehe ich nur einen riesigen hellen Schatten im Meer, Ich tippe auf einen mittelgrossen Hai. Mittlerweile ist uns klar, der ist eine Nummer zu gross und zu gefährlich für uns, wir möchten ihn trotzdem gerne näher ranholen, um die Leine möglichst kurz abschneiden zu können. Als Reto das Segel rein nimmt, um das Schiff zu stoppen, reisst zum Glück das letzte Stück Leine mit dem Hacken ab, er ist frei. Wir sind froh, das war die beste Lösung …

Als nächstes holen wir zwei Thunfische mit je 4 und 5 kg an Bord, unsere bisher grössten.

Fast hatten wir die Rute verloren
Neuer Rekord: die zwei 6 kg schweren Prachtexemplare

Aber keine 3 Tage später rauschen die beiden Angeln wieder gleichzeitig aus, in einer unglaublichen Geschwindigkeit und bevor wir unsere Schwimmwesten anhaben und dort sind, sind beide Leinen bis zum Ende ausgetauscht. Ein grosser Kabelbinder der einen Halterung bricht, die grössere Angel wird aus der Halterung gerissen und ist nur noch Dank dem Sicherungbändchen mit dem Schiff verbunden. Nach einiger Ackerei haben wir 2 weitere 6 kg Thunas an Bord, aber die Aufregung geht dann erst richtig los. Vor lauter Fisch haben wir den Squall hinter uns übersehen, dank Böen bis über 20 Knoten und dem Parasailor machen wir kurzzeitig 15 Knoten Geschwindigkeit, ein neuer Rekord auch für unsere SHE SAN.

Regenbogen nach dem Squall

Die letzen paar Nächte sind wir immer wieder umgeben von Gewitterfronten, was neu dazu kommt sind die furchterregenden Blitze, die ringsum leuchten und das zugehörige Donnergrollen. Den Vollmond nützen wir vor allem, um die Gewitterzellen zu identifizieren, aber wir freuen uns trotzdem, dass er für uns leuchtet.

Endlich Land in Sicht!!!!

Dann, am 10.4.2017 ist es endlich soweit. Ich möchte gerade morgens um 6 Uhr nach dem Setzen des Parasailors noch ein Mütze Schlaf nehmen, da schreit Reto “ Laaaaaaand in Siiiiicht“ – die Konturen von Hiva Oa zeigen sich Schwächen im Morgendunst. Nach gut 5 Wochen auf hoher See doch ein herrliches Gefühl!!

Reto ist sehr stolz auf die selbstgemachte Flagge von Franz. Polynesien

Bis wir dort sind, unseren endgültigen Ankerplatz haben ist es 17 Uhr – die ersten 2 Mal sind wir zu nah an den anderen Yachten, dann hält der Anker nicht, dann verlegen wir uns nach draußen vor den Wellenbrecher. nach ein paar Bier fallen wir in unsere Koje, nach 37 Tagen endlich mal wieder gleichzeitig und mehr wie 4 Stunden am Stück…

Pazifiküberquerung von Panama auf die Marquesas
Pazifiküberquerung von Panama auf die Marquesas

5 Gedanken zu „Panama bis Marquesas – 37 Tage durch den Pazifik“

  1. Wow Ihr Zwei – Was für ein Abenteuer – was für eine Leistung !!!
    Toller Bericht – freuen uns aufs Nachmachen!
    Herzlichen Glückwunsch – Stefan Monika Felix (Mira)

    1. Ja hallo Mira,
      Ja wir habens geschafft 🙂
      Hoffen es geht euch gut?
      Ganz liebe Grüsse nach Übersee
      Angela uns Reto

  2. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie glücklich und erleichtert unsere elterlichen seelen sind, daß ihr das alles geschafft habt, und immer noch guten mutes seid! wir sind stolz auf euch ! Auch unser schlaf wird wieder etwas ruhiger werden! das glück sei weiterhin mit euch- in liebe eure oldies

  3. Halloo Ihr Lieben
    Wir sind froh, Euch in Sicherheit zu wissen. Oft haben wir an Euch gedacht wie es Euch wohl auf dieser elend langen Passage geht. Wir gratulieren, dass alles mehr oder weniger Reibungslos geschafft wäre und ihr gut angelandet seid. Ein wenig neidisch sind wir Euch schon ob den vielen Thuna’s die Ihr gefangen habt. Viel Fisch, wenig Wind und reichlich Sqall’s, so hart kann das Segler Leben sein!!
    Wir wünschen Euch weiterhin gute Fahrt. Wundervolle Erlebnisse und Eindrücke auf Eurer Pazifik-Südsee Route. Vielleicht sehen wir uns Sept/Okt/ oder Nov. in Australen, wir wären dann auch dort, machen eine längere Reise mit dem WoMo.
    Wir Grüssen Euch ganz herzlich aus den Turks-& Caicosinseln im Nordatlantik
    Nadine & Tomas
    Wir freuen uns bereits auf Euren nächsten Eintrag.

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