„Angekommen am “Sandspit”, im Südosten von Fulaga. Erste Aktion natürlich erstmal Dinghy ins Wasser und bewaffnet mit Mückenspray, Sulu und dem Kavabesen düsen wir die 2 Meilen zur Anlegestelle vom Hauptdorf Munaicake zum Sevusevu.


Nach 15 Minuten einfachem Fussmarsch erreichen wir das Dorf. Dort ist es ruhig, fast unheimlich ruhig, wir sehen keinen Menschen. Dann kommt ein junger freundlicher Mann auf uns zu, gekleidet ganz in schwarz, sein Name ist Tui. “Unser Chief ist diese Nacht verstorben” erklärt er uns. Kurz darauf kommt ein Hüne von Mann dazu, Joe. Er verspricht bei den Ältesten nachzufragen, wann wir denn für unser Sevusevu wieder kommen sollen.
Ausserdem sollen wir bei den anderen Yachten nachfragen, ob sie von uns Kava kaufen können, im Dorf ist Kava knapp und gerade jetzt werden sie einiges davon brauchen, denn gemäss Tradition “müssen” sie jetzt 3 Tage lang Kava trinken.

Wir ziehen unverrichteter Dinge wieder davon, immerhin war es ein wunderschöner Ritt mit dem Dinghy und ein schöner Fussmarsch hin und zurück.
Kaum zurück auf der She San kommt schon ein Longboat vorbei, es ist Joe auf Kavasuche. Nach einer Runde Eistee und ein bisschen Plaudern verkaufen wir ihm 2 Bündel Kava. Wir vereinbaren, am nächsten Tag vor der Beerdigungszeremonie zum Sevusevu ins Dorf zu kommen. Praktisch eigentlich, denn zum Anlass der Beerdigung des Chiefs muss sowieso jeder nochmal ein Bündel bringen.
Die nächsten Stunden durchsuchen wir unsere Kleiderschränke nach schwarzen passenden Kleidern… Nur Pelle ist fein heraus, er hat einen dunkelblauen Sulu, das ist perfekt.
Der Sulu ist ein Rock auch obligatorisch für Männer an Sonntagen und wichtigen Ereignissen. Reto hat sich aus einem beigen Leintuch von Ulla und mit Hilfe der original Vorlage von Pelle einen Sulu genäht und schon viel Lob geerntet 🙂 )
Beige geht aber nicht für die Beerdigung, also improvisiert sich Reto nochmals einen Sulu aus unserer dunkelblauen Lufthansa Couchdecke. Für den Zweck in Ordnung, aber halt ein bisserl warm…







Am Donnerstag morgen traben wir also pünktlich um 9 Uhr zum Sevusevu an.
Die männliche Bevölkerung sitzt unter einer Plane hinter dem Haus des Chiefs und ist am Kava trinken.
Wir dürfen uns dazusetzen, die Ältesten sprechen das Sevusevu über unseren Bündeln.
Wir sind angenommen und dürfen zur Zeremonie bleiben, als erstes bekommen wir ein jeder eine ordentliche Schale Kava.
Das Haus des Chiefs ist mit einer Absperrung geschützt, ein junger Mann bewacht es, eine traditionelle Waffe geschultert.
Im Haus des Chiefs wachen die Frauen neben dem Sarg mit dem Leichnam. Alles ist voll mit riesigen Matten aus dem Pandanusbaum und bunten Farben.
Ein paar Männer blasen abwechselnd in ein Triton Horn (eine riesige Muschel).
Dann findet der Trauergottesdienst statt, im Anschluss die Bestattung im Friedhof. Der Sarg wird noch umwickelt mit einigen Matten, die ganze Zeit über werden die Triton Hörner weiter geblasen.


Unsere Hosts sind Tara und Jo mitsamt ihren Enkelkindern Jonny und Bossy, die bei ihnen leben während die Eltern in Suva sind.
Enkeltochter Sara ist wegen der Beerdigung des Chiefs von der Nachbarinsel gekommen.
Als erstes holt sie uns ein paar Trinkkokosnüsse vom Baum, die süssesten, die ich je getrunken habe! Und weil wir für Sonntag Kuchen und Kokoseis versprechen, bleibt Sara gleich ein paar Tage länger.




Freitag und Samstag geniessen wir erstmal mit ausgedehntem Strandspaziergang und erstem Schnorcheln und Tauchen im Pass. Die Unterwasserwelt ist grandios. Wegen der Strömung und der Sicht im Pass ist ein gutes Timing aber wichtig.
Den Sonntag verbringen wir dann von früh bis spät im Dorf, insgesamt 3 Stunden Gottesdienst, einen super leckeren Mittagessen und wir lernen Tara und Joe etwas besser kennen.

Am Montag und Dienstag gehen Reto und Pelle wiedermal die Elektrogeräte reparieren, das Highlight ist die Installation einer neuen Antenne für “Fulaga Radio”. Dank einer Halterung von uns und einer Antenne von Pelle und der fachmännischen Reparatur der beiden wird die Station in den nächsten Jahren sicher immer gut erreichbar sein (vorausgesetzt es hört jemand denn zu…). Joe und Sikeli sind super dankbar und versprechen einen Ausflug mit uns zu machen.
Am Dienstag ist dann endlich das Wachen der Frauen nach gut 5 Tagen und Nächten zu Ende, man darf wieder fröhlich sein. Es gibt ein grosses Fest mit viel zu Essen einschliesslich von einigen Schweinen. Die Männer allerdings sitzen nach wie vor in der Runde beim Kavatrinken, die werden wahrscheinlich erst am nächsten Tag wieder hungrig sein…
Am Mittwoch besucht uns unsere Gastfamilie an Bord. Nach Kaffee, Kokoseis und Kuchen warten wir Schweizer Käse und deutsches Sauerteigbrot auf. Selbst Jonny und Bossy finden auch Käse und Brot lecker, ich bin ganz erstaunt.
So ist die erste Woche rum wie nichts. Wir waren gerade einmal am Pass tauchen und stellen fest, dass die Unterwasserwelt hier alles mit Abstand schlägt, was wir bisher auf unserer Reise gesehen haben!
Die nächsten Wochen vergehen aber genauso im Flug.






Immer wenn wenig Wind ist fahren wir mit DInghy und Tauchausrüstung durch den Pass und erkunden das Riff rechts und links vom Pass sowie den Pass wenn noch genug Luft übrig ist und ich nicht schon vor lauter Kälte schlottere… Man bedenke hier ist Winter, brrr…
Auf der einen Seite gibt es unzählige Schluchten und Höhlen, eine Berg- und Tal – Landschaft voll mit den unterschiedlichsten Formen und Farben von Korallen und voll mit kleineren Rifffischen.
Auf der anderen Seite ist eine senkrechte Wand, durchbrochen von vielen Canyons und wir treffen auf eine grosse Schule von Barrakudas, mächtige Adlerrochen und am Eingang vom Pass auf gigantische Schwärme von Snappern und Jacks.



Aber auch sonst gibt es einiges zu entdecken. Wir wandern auf jeden Hügel, auf die andere Seite der Insel, gehen Muschel sammeln und wenn sonst gerade nichts zu tun ist, geh ich ausgiebig Paddelboarden ;-).








Auf Sailosi’s Einladung hin verbringen wir einen Sonntag in Naividamu, dem Dorf westlich in der Lagune.
Nach Gottesdienst und Mittagessen machen wir mit Una einen Spaziergang zum Aussenstrand, am nächsten Tag bringen wir ein paar Geschenke und bekommen dafür eine Ladung Obst und Gemüse. Ich freue mich sehr, denn beides ist zur Zeit etwas knapp an Bord.
Ein jedes Mal werden wir umringt von einer Horde Kinder, schon wenn wir uns mit dem Dinghy nähern schallt es “Palangi, palangi” (=Weisse) durchs Dorf.



Einer unserer Lieblingsplätze ist Malakuja, dort sind wir fast alleine und unsere She San steht super geschützt zwischen ein paar Inselchen.
Joe zeigt uns eine riesige Tropfsteinhöhle am Nachbarstrand und einen Buschweg, auf dem wir in 20 min zu Fuss im Hauptdorf sind. Sehr praktisch, vor allem da wir fast kein Benzin mehr für das Dinghy haben und ausserdem auch noch etwas Bewegung bekommen.



Erstmal die Löcher ausfindig machen, dann schauen, ob einer drinnen sitzt, mit der Harpune reinschiessen, dann mit Hilfe eines zweiten Pfeils den Kerl aus der Höhle ziehen. Natürlich findet der Tintenfisch das nicht so lustig und wehrt sich dementsprechend, ausserdem verspritzt er ordentlich Tinte, so dass man gar nichts mehr sieht…
Im Anschluss muss man ihn ordentlich klopfen, damit er weich wird. Das ist eine ganz schöne Sauarbeit, Sikeli meint mehrere Male “I really hate this work, that is a women’s job…”. (Ich hasse das wirklich, das ist Frauenarbeit).
Ich bin die einzige Frau in der Runde, halte mich aber dezent zurück und greife das Tier nicht an, bis es mit Sauce umgeben in appetitlichen Stücken auf meinem Teller liegt ;-). Tatsächlich hat sich der Aufwand gelohnt, es ist superzart und total lecker!





An einem Freitag morgen tapsen alle Segler ins Dorf, es ist der Abschlusstag der Pre-School Week. Natürlich haben wir keine Ahnung, was auf uns zukommt.
Nach der Prozession der Schüler und Lehrer durchs Dorf folgt ein Gottesdienst.
Dann führen alle Altersgruppen stundenlang einstudierte Tänze auf, die Männer fangen an Kava zu trinken.
Auch Reto sitzt neben Jo und wird abgefüllt, so dass der geplante Tauchgang am Nachmittag wegen zu viel Kava Konsumation abgesagt werden muss.
Im Anschluss gibt es Mittagessen, erst die Kinder, dann wir Yachties, dann die Frauen, die Männer bleiben lieber beim Kava trinken.
“Am Sonntag um 9.30 Uhr seid ihr da zur Kirche” sagt uns unser Host Jo bestimmend. Da traut sich Reto nicht zu widersprechen. Bepackt mit grossem Schokoladenkuchen machen wir uns auf, nach der Kirche ist eine Gedenkfeier für den kürzlich in Suva verstorbenen Bruder von Jo, der ganze Clan kommt zusammen. Jede Familie trägt etwas dazu bei, es ist wieder mal super lecker.

Zusätzlich zu den sonst üblichen Speisen gibt es Kürbiscurry und Sikeli hat 2 geschmackvolle Sösschen auf Basis von Sojasauce und Kokosmilch mit Zitrone gezaubert. Ich bin sehr dankbar für die Abwechslung.
An das Essen am Boden sitzend und meist mit den Fingern mangelns Besteck haben wir uns mittlerweile gewöhnt 😉 Am Ende packt mir Ma noch Gemüse, Fisch und die Mandiok -Kokosbällchen ein, so dass wir wiederum für die nächsten paar Tage zu Essen im Kühlschrank haben.


Und schon 2 Tage später lädt das Dorf zum “Picknick”, alle treffen sich am Sandspit. Dort wird Kokosmilch gemacht und Fisch darin gekocht, Fisch gebraten und im Erdofen gekocht. Auch alle Yachties haben ein Gericht mitgebracht, im Handumdrehen sind all die Leckereien verputzt…
Ich verstehe von Tara, dass vor allem “richtige italienische” Nudeln hier beliebt sind. Im Laden (kurz nach Ankunft des Versorgungsbootes) werden nur asiatische Schnellkoch- Nudeln verkauft. Beim nächsten Gang ins Dorf bringe ich ihr einen grossen Pack voll Pasta mitsamt Sauce.


Dann kommt (mit 3 Wochen Verspätung) endlich das von allen ersehnte Versorgungsschiff aus Suva an. Das letzte war 7 Wochen vorher, dementsprechend sind viele Vorräte schon lange zu Ende. Der Mangel an Mehl, Zucker und Reis ist nicht ganz so kritisch, da es ja genügend Mandiok, Yams und Süsskartoffeln gibt.
Viel kritischer allerdings ist, dass der Vorrat an Tabak (Suki) langsam komplett aufgebraucht ist… Auch wir bekommen das zu spüren, jemand klaut die 2 Pack Camel, die wir in unserem Rucksack als Geschenk für unsere Hosts haben. Wir sind kurz etwas erschüttert und enttäuscht, können uns das ganze anhand der herrschenden Tabakknappheit irgendwie erklären.










Vor einer gefüllten Regalwand strahlt mich Tani an, ich strahle zurück und freue mich über frische Eier, Zwiebel, Nachschub an Milchpulver und Zucker.
5 Mal frage ich ob es ok ist, wenn ich was kaufe, nicht dass die Dorfbewohner dadurch zu kurz kommen. “Kein Problem, es ist gut, wenn Geld ins Dorf kommt.”
Denn hier wird meist mit den Waren getauscht, wie die Holzschnitzereien oder die geflochtenen Seile aus Kokosbast, die früher zum Zusammenbinden von Segelkanus oder Dächern verwendet wurden und heute als Deko – Schmuck für Hotels auf der Hauptinsel exportiert werden.
Holzschnitzen ist immer noch eine der Haupteinnahme – Quellen von Fulaga. Unser Host Jo schnitzt wunderschöne Masken mit Schildkröten als Verzierung, leider schickt er sie unbehandelt nach Suva, wo sie denn fertiggestellt werden.
Gegen Ende der vierten Woche im Atoll sind wir eigentlich bereit weiterzuziehen, auch wenn uns noch lange nicht langweilig ist. Doch das Wetter spielt verrückt.
Ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen zieht südlich von uns durch und bringt wechselnde Winde aus Südwest. Nicht gut für unsere nächsten Ziele. “Also bleiben wir halt noch ein paar Tage” denken wir alle paar Tage, daraus werden am Ende nochmal ganze 2 Wochen…




Noch zweimal machen wir einen Ausflug nach Naividamu, kaufen dort Benzin und besuchen Sailosi. Natürlich bringen wir ein paar Geschenke und bekommen von ihm nochmal eine ganze Staude kleiner Ladyfinger Bananen und eine Staude an Kochbananen, so ist der Vorrat an Obst erst mal wieder gewährleistet.
Reto möchte nochmals einen Tintenfisch fangen. Schon bald habe ich einen ausgespäht, aber der Wiederhacken vom Pfeil der Harpune bricht, der Tintenfisch lässt seine Tinte los und wir stehen beide im “Finsteren”. Als wir endlich wieder etwas sehen können ist das Viecherl natürlich verschwunden…




Am nächsten Tag kommt Dan mit dazu, die beiden sind erfolgreich und holen 2 Stück heraus, die sie dann tapfer am Strand weichklopfen. Zusammen mit Te Poe Rava, Rouser und Me Too gibt es am Abend Jamsession und Tintenfisch auf der She San.

Zwei Tage später beisst abends um 9 Uhr ein Giant Trevalli an unserer Angelleine, wir schneiden die Schwanzflosse ab und packen den Kerl erst Mal als ganzes in den Kühlschrank… Am nächsten Tag löse ich das Fleisch aus, es ist grau und fest aber sehr lecker 😉

Auch grosse und kleine Muscheln sammeln wir. Die grossen müssen lange gekocht werden, um weich zu werden und sind sehr schwierig zu entsanden. Die kleinen dagegen sind in ein paar Minuten durch, nur halt etwas viel Arbeit zum Auslösen. Wir zählen 900 Stück und laden Me Too und Rouser zu Spagetthi Aglio i Vongole ein, hmmm, was will man mehr?


Die letzten 5 Tage geniessen wir mit täglichem Tauchen vor und in dem Pass und in der Gesellschaft von Sarah und Giles von Rouser und Jill und Clay von Me Too, es ist ständig was los.
Dann ist es soweit, wir verabschieden uns von unserer Gastfamilie, so langsam wird es halt doch mal Zeit. Als Abschiedsgeschenk bekommen wir ein selbstgeflochtenes Täschchen von Tara und eine geschnitzte Kavaschale von Jo, wir freuen uns riesig, die bekommen natürlich beide einen Ehrenplatz auf der She San.

Liebe Angela, lieber Reto,
es war wieder eine grosse Freude, in euren spannend und leicht zu lesenden Bericht einzutauchen!
Mit dem Besuch von Fulaga habt ihr mir etwas voraus, was ich euch aber von Herzen gönne. Es ist schon etwas sehr besonderes, eine so abgelegene Insel und deren Bewohner besuchen und so nah erfahren zu dürfen.
Wenigstens habe ich als Erinnerung viele Holzschnitzereien aus Fulaga, welche ich am Markt in Suva erstanden habe.
Ich wünsche euch weiterhin tolle Erlebnisse, immer sichere Fahrt um die tricky Korallenköpfe und -Wände herum und freue mich auf euren nächsten Bericht!